Geschrieben von Gisela Reinhardt
Datum: Mittwoch, 05. April (05.04.2023)

Ebenso, wie die letzten Veranstaltungen, fand die Vorstellung der Leipziger Pfeffermühle im Eichsfelder Kulturhaus auch vor vollem Haus statt. Corona ist überstanden und die Menschen wollen wieder etwas erleben, wollen fröhlich sein. Sie kommen und freuen sich über gute Unterhaltung. Wenn man auf der Treppe des Kulturhauses steht und sieht dieses „bunte Gewimmel“, kommt einem unwillkürlich der Text des Osterspazierganges aus Goethes Faust ins Gedächtnis. Die ABBA-Klänge der Vorwoche, die noch förmlich im Saal hingen, erklangen mit den Liedern der Interpreten der Pfeffermühle erneut, aber mit politisch satirischem Text im Programm „5 % Würde“. Es ging um Wahlen, um Politik und um Parteien. Bei ihren Scherzen ließen Elisabeth Sonntag und Rebecca Köbernick kaum einen Politiker aus, der nicht karikiert wurde. Dass Themen wie: Pandemie, Massenpanik, mangelndes Internet bei Videokonferenzen, Quote von Frauen und Menschen mit Behinderung bei Einstellungen, Lügenpresse, Querdenker, Greta, der desolate Zustand der Bildungspolitik, die dürftige Bildung bei Spitzenpolitikern usw. nicht nur in der Gesellschaft diskutiert werden, sondern auch die Gäste im Saal beschäftigen, zeigte die Resonanz des Publikums. Es wurde gelacht, geklatscht und gejubelt. Die Gäste waren aufmerksam und reagierten auch auf versteckte Pointen und Wortspiele sofort. Um das Programm der Akteure auf der Bühne zu verstehen, muss man schon politisch interessiert sein. Politisches Kabarett zeigt sich mit seinen satirischen und aktuell politischen Inhalten, die in scharf pointierter Form die kleinen und großen Schwächen der „Herrschenden“ verspottet, als eine Art von Gegenopposition, die sich nicht an irgendetwas halten muss. Hier wird auf der Bühne so manches auf den Punkt gebracht, was in den Köpfen von Menschen real existiert. Das ist nicht zu vergleichen mit der zunehmend im Fernsehen gezeigten Comedy. Dennoch kam auch der Humor nicht zu kurz. Rebecca Köbernick als Psychotherapeutin bei der Paartherapie eines Ehepaares, bei dem der eine Bundestagsabgeordneter der CDU ist und die andere für die SPD im Bundestag sitzt, löste mit ihrer Mimik Schreikrämpfe bei einigen Gästen aus. Von den ca. 50 Gesichtsmuskeln, die zur mimischen Muskulatur gehören, nutzte sie die meisten gekonnt für ihr Spiel. Für Rebecca war der Auftritt in Heiligenstadt fast ein Heimspiel, denn sie stammt aus Mühlhausen. Unter den Gästen waren auch einige, die sie schon aus der Sandkastenzeit kannten. Angestachelt von der Reaktion des Publikums auf das Programm, liefen die Künstler zur Höchstform auf. Dieter Richter, der seit 2003 als Geschäftsführer der Leipziger Pfeffermühle deren Geschicke lenkt, erzählte am Rande des Abends, dass er erst einmal hinter der Bühne ein Machtwort sprechen und sie zur Ordnung rufen musste. Die temperamentvolle Tanzeinlage von Rebecca war ein Novum gewesen, dass eigentlich nicht zum Programm gehört. „So etwas hat sie noch nie gemacht! Sie hat sich so wohlgefühlt, dass sie die Sau rausgelassen hat“. Das Publikum war begeistert und man konnte sehen, dass auch alle Ensemblemitglieder ihren Spaß hatten. Dieter Richter lobte die gute Zusammenarbeit mit dem Kulturhaus und Cathleen Köchy, auf die man sich immer verlassen kann. Er berichtete auch davon, dass schwere Wochen hinter ihnen liegen. Pianist, Autor und Regisseur des Kabaretts Pfeffermühle Marcus Ludwig, ist am ersten Weihnachtstag überraschend im Alter von 62 Jahren verstorben. Er war der Pianist und Kollege im Programm. „Was denken sie, wie die Mädchen geheult haben“ sagte er und fügte hinzu, aber „The Show Must Go On“. Mutig kämpfte die Truppe gegen die Trauer, aber es fehlte der Pianist. Fabian Quast übernahm den Part. Allerdings war er Schauspieler und kein Tastenkünstler. So ackerte er Tag und Nacht und eignete sich innerhalb weniger Tage die Songs an. Heute gehört er vollwertig dazu, auch, wenn auf allen Plakaten noch Markus Ludwig zu sehen ist. Große Sorgen macht sich Dieter Richter über die Zukunft der Pfeffermühle. Der demografische Wandel geht auch an ihnen nicht spurlos vorüber. In diesem Jahr scheiden 9 Künstler aus. „Wir kämpfen und irgendwie werden wir es schaffen. Die Truppe ist gut und der Gedanke, dass die Pfeffermühle nicht mehr existiert, bringt mich ins Grab“.